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Wie ich schreibe
Die Ideen für meine Bücher finde ich so ziemlich überall. Sie fallen mir in meinen Träumen ein, ich finde sie in Zeitungsmeldungen oder mich lässt eine Nachricht im Fernsehen nicht mehr los. Auch in meiner Arbeit mit Kindern und Jugendlichen und in Gesprächen mit ihnen und meinen Freundinnen und Freunden blitzt häufig plötzlich eine Idee auf und nimmt manchmal mehr und mehr Gestalt an.
Viele Ideenanstöße finde ich, wenn ich zu Fuß, in Bus oder Bahn oder mit dem Fahrrad unterwegs bin. Ich beobachte immer wieder Szenen, die mich innehalten lassen und mich nachdenklich machen. Und die schließlich meine Phantasie so sehr beflügeln, dass ich beginne zu recherchieren, um mehr über ein Thema in Erfahrung zu bringen.
Bis ein erster Ideenfunke zu einem Buch wird, vergeht oft mehr als ein Jahr. Ich verbringe Wochen, manchmal mehrere Monate damit, meine Figuren und die Geschichte bis ins kleinste Detail kennen zu lernen. Erst, wenn ich sie plastisch vor mir sehen kann, und meine Figuren mir alle Fragen an sie zu ihren Eigenschaften, ihren Vorlieben, ihren Schwächen, ihren Träumen beantwortet haben, beginne ich zu schreiben. So entstehen die Romane, die Ihr hier finden könnt.
Kurz bevor mein erster Roman beendet war, dachte ich, mir fällt sicher nie wieder etwas ein. Doch je länger ich schreibe, desto mehr noch nie aufgeschriebene Geschichten entdecke ich in den Gesichtern von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, die mir in der U-Bahn begegnen oder im Park, auf der Straße oder im Kaufhaus.
Wie der etwa zehnjährige Junge, der seinen Vater in einer Buchhandlung anschrie: "Ich komme nie wieder nach Hause." Ich sah den Vater mit den Achseln zucken und davon gehen. Er ließ seinen Sohn mitten im Laden einfach stehen. Der Junge sah seinem Vater nach. Ich konnte nicht erkennen, ob er wütend, traurig oder überrascht war. Sein Gesicht verwandelte sich vor meinen Augen zu Stein. Schließlich gab er einem Landkartenständer einen heftigen Tritt, drehte sich um, und verließ die Buchhandlung durch den gegenüber liegenden Ausgang.
Ich sah ihm nach, bis ich ihn schließlich zwischen den anderen Menschen in der Fußgängerzone aus den Augen verlor. Aber der Junge beschäftigte mich weiter. Ich setzte mich in ein Café und fragte mich, wohin er sich jetzt wenden würde und ob er wirklich nicht mehr nach Hause ginge? Ob der Vater versuchen würde, ihn in der Stadt zu finden? Ob er sich Sorgen um ihn machte oder ob ihm der Junge tatsächlich egal war? Ich fragte mich, warum der Junge überhaupt die Idee gehabt hatte, nicht mehr nach Hause zu wollen? Ich stellte mir vor, wo er lebte, was seine Eltern von Beruf waren, wie viele Geschwister er hatte und ob er das jüngste, älteste oder mittlere Kind in der Familie war. Ob er noch eine Mutter hatte oder nur der Vater für ihn und seine Geschwister verantwortlich war. Mag sein, ich schreibe ein Buch über ihn, denn seit diesem Tag spukt er mir dauernd im Kopf rum. Der Junge, den ich Jacob genannt habe.
Ähnlich wie Jacob finden sich die meisten meiner Figuren in verzwickten und außergewöhnlichen Situationen wieder, in denen ihre Welt plötzlich Kopf steht und sie an ihre Grenzen stoßen. Sie werden in Konflikte hineingezogen, deren Lösung ihren ganzen Mut erfordert. Ob es ihnen gelingt, ihre Grenzen zu überwinden, und wie sie es schaffen, ihre Angst vor dem Neuen und Anderen zu besiegen, erfahrt Ihr in meinen Romanen.